Xxn. §. 13. Erhebung der östreichisch-burgundisch-spamschm Macht. 469
Frtedrich's Iii. Sohne, ihre Hand gab. Zwar griff nun sogleich der
französische König zu und wollte alle Provinzen, welche als französische
Lehen galten, einziehen. Aber obwohl er die Bourgogne und einige
Grafschaften des nördlichen Frankreichs wirklich wegnahm, so blieb
doch Marimilian's Heirathsgut und das Erbe seines Sohnes Phi-
lipp noch immer so groß, reich und mächtig, daß mancher König ihn
darum beneiden mochte. Der blendende Glanz und die gewählten
Sitten des burgundischen Hofes waren freilich mit den alten Herzögen
zu Grabe gegangen. Aber ein neuer Schimmer vielbeneideter Herrlich-
keit fiel auf die burgundischen Lande zurück, da Maximilian deut-
scher Kaiser und sein Sohn Philipp König von Spanien wurde.
Das letztere war so geschehen. Philipp hatte die Johanna gehei-
rathet, die Tochter Ferd inand's und Jsabella's, welche die beiden bis-
her gesonderten Königreiche Aragon und Castilien vereinigt hatten, um
sie ihrem Sohne als ein ungetheiltes Königreich zu hinterlassen. Aber
der Sohn starb, auch die übrigen Kinder starben und das gesammte
Reich fiel an die Johanna, Philipp's Gemahlin. Zum spanischen Reich
gehörten aber damals nicht bloß die neu entdeckten Länder Amerika's,
sondern auch Sicilien und Neapel sammt den übrigen bedeutenden In-
seln des Mittelmeeres. Welch eine Ländermasse, die auf diese Weise zu-
sammenkam, und die nach Philipp's frühzeitigem Tode auf seinen
Sohn Karl (den nachherigen Kaiser Karl V.) überging. Was Wun-
der, daß sich schon Maximilian, der von Natur ein überaus beweg-
licher und phantastischer Mann war, in den großartigsten Plänen
wiegte, wie er ganz Italien erobern, wie er die Türken aus Europa
verjagen, wie er gar Papst werden wollte. So wunderlich der letzte
Gedanke uns auch scheinen mag, so lag er doch damals nicht so ganz
abseiten. Denn die Päpste waren, so lange Maximilian sie kannte,
nichts weniger als geistliche Väter der gestimmten Christenheit; sie wa-
ren mächtige italienische Fürsten, welche mit List und Gewalt ihren Kirchen-
staat im Mittlern Italien zu erweitern suchten. Zog doch Papst Ju-
lius Ii. (1503 —15) im Panzerrock an der Spitze seiner Truppen ge-
gen die benachbarten Fürsten selbst in's Feld. Ihren Einfluß in den
übrigen Staaten der Christenheit hatten sie durch besondere Verträge
(Concordate) in Folge der großen Concilien großentheils eingebüßt.
Nur in Deutschland wollten sic noch immer nicht von ihren alten
Anmaßungen lassen; da mischten sie sich noch immer in alle weltlichen
Angelegenheiten, bestätigten deutsche Fürsten oder setzten sie ab, gaben
Privilegien, verstatteten Zölle, entschieden in Rechtsfragen, eröffneten
Reichstage und wollten bei allen inneren deutschen Verhältnissen doch
auch ihr Gutachten abgeben. Wäre Deutschland ein einiges Reich ge-
wesen, wie leicht hätten sich solche päpstliche Eingriffe zurückweisen las-
sen! Aber in dem großen Staatenbund von vielen hundert unabhän-
gigen Gewalten, Fürsten und Städten, wo meist ein Nachbar gegen den
andern stand, gab es immer noch genügsame Gelegenheit, den altgewohn-
ten Einfluß geltend zu machen, bald zum Vortheil, bald zum Nachtheil
des Kaisers. Sollte man es da dem alternden Maximilian verar-
gen, wenn er die fremde Gewalt, die ihm noch immer in sein deutsches
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Extrahierte Personennamen: Maximilian_deut- Maximilian Philipp_König Philipp Philipp Johanna Karl_( Karl Karl_V. Karl_V. Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian_verar- Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Spanien Aragon Johanna Sicilien Neapel Italien Europa Italien Deutschland Deutschland
470 Xxii. §. 14. Wiedererhebung Frankreichs rc.
Reich hineinspielte, in seine eigne Hand zu bringen und zugleich die
schönen italienischen Länder des Papstes zu gewinnen wünschte? Doch
nicht auf diese Weise sollte die alte Weltmonarchie wiederher-
gestellt werden. Sie sollte überhaupt nicht wiederkehren. Nur das
sollte geschehen, daß die bedeutendsten und religiös angeregtesten Völker
der europäischen Christenheit, daß Deutschland und die Niederlande mit
Spanien und Italien noch einmal unter denselben Scepter gebracht
wurden, damit der große Geisterkampf, der jetzt bevorstand, auf eine
ehrliche und gründliche Weise zwischen ihnen könnte zu Ende gekämpft
werden, wie es denn ja auch geschehen ist.
$. 14. Wiedererhebung Frankreichs als Deutschlands
Widerpart und Verderben der Schweiz.
Indem wir die Gesammtheit der Länder überschauen, welche beim
Beginn der Reformation durch das gemeinsame Herrschergeschlecht
wieder mit einander in Berührung, in die engste Verbindung getreten
sind, fällt es uns sogleich auf, daß der alte Gegner Deutschlands,
daß Frankreich auch jetzt noch in seiner vereinzelten und feindlichen
Stellung bleibt und der gesummten übrigen abendländischen Christen-
heit als ein losgesondertes Glied gegenübertritt. Auch dem fränki-
schen Volke sollte das reine Evangelium wieder angeboten werden,
oftmals, reichlich, dringend; es sollten auch viele einzelne Seelen
durch die lautere Predigt dem Verderben entrissen werden, wiewohl
das Volk als Ganzes durch den bewußten und grimmigen Wider-
stand gegen das Wort Gottes erst völlig zu der antichristischen Stel-
lung und zu dem Verderben heranreifte, dem es vor unseren Augen
entgegengeht. Aber aus dem Schooße Frankreichs konnte keine
Kirchenresormation selbständig hervorgehen, die deutsche Reforma-
tion blieb den romanischen Völkern fremd und reizlos. Es fand sich
aber ein anderer Boden, der, obwohl ursprünglich Deutschland ange-
hörig und mit deutschem Wesen gesättigt, doch seit längerer Zeit schon
in gefährlicher Weise nach Frankreich hinüberneigte. Hier bildete
sich eine zweiter Quell- und Mittelpunkt der Reformation, und neben
der deutschen, germanischen Reformation in Sachsen begründete sich
eine welsche, romanische Reformation in der Schweiz. Nicht
so schnell waren die bedenklichen Folgen der allmäligen Los-
reißung aller schweizer Cantone von den angestammten deut-
schen Gewalten und althergebrachten Verpflichtungen sichtbar ge-
worden. Ein halbes Jahrhundert hindurch hatten die verbundenen
Schweizer nicht bloß den Ruhm unvergleichlicher Tapferkeit, ja Un-
überwindlichkeit, sondern auch echter deutscher Treue und Biederkeit,
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Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Deutschland Niederlande Spanien Italien Frankreichs Deutschlands Schweiz Deutschlands Frankreich Gottes Frankreichs Deutschland Frankreich Sachsen Schweiz
4-90 Xxiii. §. 4. Fortschritt der Reformation während politischer Kämpfe.
bald auch durch die pyrenäische Halbinsel. Oder sollen wir vielmehr
sagen: es wuchs inmitten Italiens, unter den Vätern des Oratoriums
der göttlichen Liebe ein ganz eigenthümliches reformatorisches Wesen
auf, welches in der Lehre von der Rechtfertigung die lutherische Lehre
auf das Genaueste berührte, übrigens aber selbständig seinen — leider
nur sehr kurzen — Lauf vollendete. Eine der köstlichsten Früchte
von jenem italienischen Zweig des reformatorischen Lebensbaums ist
das uns kürzlich wieder in die Hände gegebene liebe Büchlein des
Aonio Paleario von der Wohlthat Christi.
Solche ungestörte gedeihliche Entwicklung hätte das Reformations-
werk in Deutschland schwerlich genommen, wenn nicht Papst und Kaiser
während dieser ganzen Zeit alle ihre Aufmerksamkeit einem andern Un-
ternehmen zugewendet hätten, an dessen Gelingen ihnen Alles gelegen
war. Wlr sahen schon, das Wormser Edict ruhte auf dem Bündniß
zwischen Papst und Kaiser. Das Bündniß aber war gegen die Fran-
zosen gerichtet. Man wollte die Franzosen, welche seit Franz' I. Sieg
in der Schlacht von Marignano Mailand behauptet hatten (vgl. S. 473),
aus Italien vertreiben. Eine bittere Feindschaft herrschte zwischen die-
sem König und dem Kaiser. Franz selber hatte ja Kaiser werden wollen und
konnte es dem burgundischen Prinzen, seinem alten Vasallen, nicht ver-
geben, daß er ihm vorgezogen war. Karl aber machte noch seine bur-
gundischen Ansprüche auf die Bourgogne geltend, wollte die altkaiser-
liche Hoheit über das Arelat wieder Herstellen und die alten Reichs-
kammergüter Mailand und Genua wieder herbeibringen. So wurde
denn von 1521 bis 25 unaufhörlich in Ober-Italien und an den fran-
zösischen Grenzen von Spanien, Italien und den Niederlanden her ge-
kämpft. Man hätte meinen sollen, Frankreich, das von den Ländern
des Feindes fast rings umschlossen war, hätte keinen Augenblick wider-
stehen können. Dazu war auch noch der König von England mit dem
Kaiser im Bunde. Allein hier zeigte es sich recht, welch' ein Unter-
schied es ist, ob ein König über die Kräfte seines Landes nach eigner
Willkür verfügen kann, wie die französischen Könige nach der von ihnen
neugegründeten Staatskunst eö vermochten — oder ob der Fürst an die
Bewilligungen seiner Stände gebunden ist. So war es mit dem Kai-
ser der Fall. Das deutsche Reich kümmerte sich um den Krieg gar
nicht. Flandern und Aragon machten nur sparsame Bewilligungen, in
Castilien waren innere Feinde zu bewältigen. Die italienischen Kräfte,
welche Karl aus den unterworfenen Provinzen Neapel und Sicilien
ziehen konnte, waren nicht sehr bedeutend und die Hülfsinittel des Papstes
reichten auch nicht weit. Franz I. hatte dagegen die ganze Kriegs-
macht der schweizerischen Mannschaften in seinem Solde. Bisher hatten
sie als das beste, als das einzige, und wenn es vereinigt war, unüber-
windliche Fußvolk in der Christenheit gegolten. In diesen Kriegen aber
ward ihr Ruhm zu Schanden. Das war ja klar, der gepanzerte Rit-
ter, der Speerträger, der Armbruftschütze hielt vor dem Handrohr und
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Extrahierte Ortsnamen: Italiens Christi Deutschland Marignano_Mailand Italien Mailand Genua Ober-Italien Spanien Italien Niederlanden Frankreich England Aragon Neapel Sicilien
Xxiv. §. 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich. 541
aussterbenden Königshause eine Sittenlosigkeit, eine Gemeinheit, eine
Wollust, eine zur Schau getragene Unzucht, daß man sich wahrlich nicht
wundern kann, wie der ganze, eben noch so blühende Stamm in wenig
Jahren verdorrte, wie alle drei, ja vier Söhne der Katharina noch
in jungen Jahren elend dahinstarben. Und von dem Hofe aus ver-
breitete sich das Gift der Schamlosigkeit, der offenbaren und geheinien
Wollust über den ganzen Adel, über alle vornehme Welt, über ganz
Frankreich. Und leider auch die Protestanten blieben von diesem Gifte
nicht unberührt. Wir finden Wenige unter ihnen, auf die unser
Auge mit herzlicher Theilnahme, Bewunderung und Ehrfurcht blicken
könnte, die festgestanden hätten mitten in der verderbten Umgebung.
Auch ein Cond6 läßt nicht ab, der Wollust zu fröhnen, auch ein
Heinrich von Navarra ist ein ausschweifender Lüstling. Vergleicht
man diesen König Heinrich Iv. mit seinen Vorgängern und Nach-
folgern, so mag er als ein Stern und hochzupreisendes Licht unter
ihnen erscheinen. Es fehlt ihm auch nicht an jener hochherzigen Rit-
terlichkeit, Talent und Gewandtheit, die dem Franzosen so wohl steht.
Nichts desto weniger muß man über ihn das Urtheil sprechen, daß er
durch seine Sittenlosigkeit und Maitressenwirthfchaft noch auf dem Thron
ein überaus schweres Aergerniß gegeben, ein noch schwereres aber durch
die Leichtfertigkeit, mit der er zweimal seinen Glauben abschwor, einmal
aus Furcht, das zweite Mal aus Lust, aus Herrschbegier. Für den Besitz
von Paris, für den Thron Frankreichs war ihm sein evangelischer
Glaube feil. Auch das Haus Bourbon, sehen wir, hat sich wie alle
neu eintretenden Herrschergeschlechter in Frankreich, mit einem Brand-
mal im Gewissen auf den Thron geschwungen; und wir wissen, auch
das Haus Bourbon ist wie alle übrigen in Blut und Jammer zu
Grunde gegangen.
tz. 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich.
Unter dem Eindruck jeneö schrecklichen Ereignisses (1572), welches
wir als Bartholomäusnacht zu bezeichnen gewohnt sind (Philipp Ii.
und Papst Gregor Xm. ließen Dankfeste feiern), war der katho-
lische Angriff mit verstärktem Eifer nach allen Seiten hin gerichtet wor-
den. Wir sahen schon, zu welchen Ergebnissen er am Rhein, in
Franken, in Westphalen und den Niederlanden geführt hat; mit wie
großen Gefahren er in England zurückgewiesen wurde. Zu derselben
Zeit waren die Jesuiten auch in Schweden eingedrungen. Schon
hatten sie den König Johann Ii. in ihren Netzen, als noch zu rech-
ter Zeit der allgemeine Widerwille des Volks und der unkluge Uebcr-
muth der Eindringlinge die Gefahr für das evangelische Land besei-
tigte. Desto fester setzten sie sich in Polen. In diesem Lande waren
nämlich die Protestanten bereits so zahlreich und so mächtig geworden,
daß sie sich, wenn sie gewollt hätten, leicht einen protestantischen Kö-
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Extrahierte Personennamen: Katharina Heinrich_von_Navarra Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Philipp_Ii Philipp Gregor_Xm Gregor Johann
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich Paris Frankreichs Frankreich Polen Rhein England Schweden Polen
570 xxv. §. 4. Deutschlands Elend und die Anfänge des Rationalismus.
reich gebracht und reichlich gedüngt hatte, erlebte Ludwig Xiv. nicht
mehr. Aber der Regent und Vormund des minderjährigen Nachfol-
gers, Herzog von Orleans (ff 1723), und darnach Ludwig Xv. selbst
(ff 1774) haben redlich das Ihrige zum Gedeihen dieser höllischen
Pflanzung beigetragen durch eine über alles Maß, über allen Glauben
hinausgehende Schamlosigkeit des öffentlichen Lebens, durch eine Ruch-
losigkeit und viehische Gemeinheit, die man außer bei ihren elenden
Nachäffern wohl nur noch bei den niedrigsten Lüstlingen des zusammen-
stürzenden alten Römerreichs gefunden hat. Diese Menschen hatten
ganz Frankreich in ihr Luderleben mit hineingezogen und einen Pest-
hauch über die Tausende von Familien ausgegoffen, deren blühende
Schönheiten sie aus allen Provinzen herantreiben ließen, um sie zum
augenblicklichen Sinnenkitzel zu mißbrauchen und sodann in lebenslange
Schande hinabzustürzen. Die Thränen, die Verzweiflungsschreitz der
gemordeten Unschuld, das teuflische Aufjauchzen befriedigter Fleisches-
brunst, die Flüche und Lästerungen widerchriftlicher Spötter, welche
Tag aus Tag ein aus den königlichen Palästen und aus den Schlössern
der Großen ausstiegen — sie sind nicht wie ein Dampf, wie ein Nebel
verzogen, sondern sie haben sich wie ein tiefes schwarzes Gewölk immer
dichter und dichter über die Dächer und Häupter der Fürsten gesam-
melt, bis dann endlich, endlich der Wetterstrahl des Gerichts aus den
Wolken daherfuhr, und all das schuldbeladene Gelichter zermalmend
traf und niederwarf.
§. 4. Deutschlands Elend und die Anfänge des Ratio-
nal i s m u s.
Wenn wir jetzt von dem mächtig aufstrebenden Westreich wieder
nach unserm Vaterland hinüberblicken, so möchte wohl die Seele von
Zorn und Schmerz erfüllt werden. Denn wo man auch hinsieht,
heißt es Jcabod — die Herrlichkeit ist dahin. Das Volk, welches einst
unter seinen herrlichen Kaisern Italien, Frankreich, Ungarn, Polen und
Dänemark Gesetze vorschrieb, ist jetzt zu einer politischen Null gewor-
den. Der hochmüthige Franzose, der durch den schmachvollen Rhein-
bund alle westlicheren Fürsten und Kurfürsten Deutschlands unter sei-
nen Gehorsam gebracht hatte, schaltete und waltete mit unverhehltem
Hohne im Mittlern und südlichen Deutschland als Herr und Gebie-
ter. Das ganze linke Rheinufer betrachtete Ludwig Xiv. schon als sein
Eigenthum. Als er gegen Holland Krieg führen und doch Belgien
nicht berühren wollte, machte er ohne weiteres Neuß zu seinem Waf-
fenplatz, Jülich und Cleve erfüllten sich mit fraitzösischen Bataillonen,
und die deutschen Reichsfürsten schwiegen dazu. Vielmehr, sie gaben
selber ihre Zustimmung, zogen selber mit gegen Holland und strichen
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Ludwig_Xv. Ludwig_Xiv Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Frankreich Deutschlands Italien Frankreich Ungarn Polen Deutschlands Hohne Deutschland Holland Holland
544 Xxiv. §. 7. Gegenreformation in Polen und Oestreich.
Frankreich den Sieg gewinnen zu wollen. Dann folgte ein kurzer
Rückschlag durch den schmalkaldischen Krieg, durch den Sieg des Kai-
sers über die protestantischen Fürsten und Städte in Deutschland und
durch die Eröffnung des tridentinischen Concils. Aber schnell wendet
sich die Sache wieder. Der Kaiser muß 1552 vor den Protestanten
weichen, wird aus dem deutschen Reich so gut wie vertrieben, durch
einen feierlichen Friedensschluß wird die Einigkeit der deutschen Für-
sten wiederhergestellt; und nun beginnt eine protestantische Bewegung,
welche auch die festesten Burgen des Katholicismus in Deutschland und
in allen Landern nordwärts der Alpen und Pyrenäen ergreift. Auch
die bayerischen und östreichischen Lande, Polen und Ungarn, die Rhein-
lande und Westphalen, Frankreich und die Niederlande neigen sich
mehr und mehr dem Protestantismus zu. Schottland ist schnell völlig
gewonnen. Auch in England bricht, nach kurzer Unterbrechung durch
Maria die Blutige, der protestantische Eifer um so kräftiger wieder
hervor. Nur etwa an drei Orten außerhalb Italiens und Spaniens
war der Katholicismus völlig unerschüttert geblieben. nämlich in Tyrol
und dein schweizer Hochgebirge, in Irland und in den wallonischen
Provinzen Belgiens. Da hatten sich aber hinter den Alpen bereits
die Streilkräfce gesammelt, welche jetzt (etwa seit 1563) die Berge
überstiegen, um die abgefallene Welt abermals für Rom zu erobern.
Wir sahen, es waren jene unreinen Geister oder Geister der Teufel,
wie sie Offenb. 16, 14 genannt werden, welche Zeichen thun und aus-
gehen zu den Königen auf Erden, sie zu versammeln in den Streit
wider Gott den Allmächtigen. Vor Allen die Jesuiten; später
kamen ihnen auch noch andere Orden zu Hülse. Ueberall wußten sie
mit dämonischer Schlauheit auf das Geschickteste anzuknüpfen, die alten
Erinnerungen zu beleben, die schwankenden Gemüther zu befestigen,
insonderheit aber sich der Fürsten zu bemächtigen. Durch deren Hülfe
gelangen ihnen die großen Erwerbungen in Deutschland, in Polen, in
Oestreich; sie erhoben sich zu den umfassendsten Aussichten auf Eng-
land, auf Schweden, auf Rußland. In Frankreich fanden sie mächtige
Bundesgenossen an den Guisen. Von ihnen ausgenommen und un-
terstützt, erwecken sie bald im ganzen Lande neuen katholischen Eifer.
Unvorsichtig lassen sich die Hugenotten hinreißen, ihre Religions-
sache mit dem politischen Treiben der selbstsüchtigen Parteien am könig-
lichen Hofe zu vermischen. Es gereicht ihnen innerlich und äußerlich
zu großem Schaden. Der Abfall beginnt in ihren eignen Reihen, sie
müssen zuletzt sich zufrieden geben, in dem wieder ganz kathol sehen
Frankreich nur noch Duldung zu finden. Inzwischen sind aus Spa-
nien und Italien nicht bloß die Mönchsorden, sondern es sind schlag-
fertige Heere hervorgebrochen, um dein Katholicismus mit Gewalt die
verlorenen Länder wieder zu erobern. In Frankreich sehen wir sie im
Bunde mit den Guise», in den Niederlanden bringen sie Belgien wieder
zum Gehorsam des Papstes und des spanischen Philipp. Denn un-
aufhörlich haben in den beiden südlichen Halbinseln Philipp Ii. und
die Päpste aus allen Kräften an der Wiederaufrichtung der römischen
Kirche gearbeitet. Gregor Viii. und Sirtus V. (letzterer von 1585
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Oestreich Philipp Philipp Philipp_Ii Philipp Gregor_Viii Gregor
Extrahierte Ortsnamen: Polen Frankreich Deutschland Deutschland Polen Ungarn Frankreich Niederlande Schottland England Italiens Spaniens Tyrol Irland Belgiens Rom Deutschland Polen Schweden Frankreich Frankreich Italien Frankreich Niederlanden Belgien
616 Xxv. §. 9. Deutschlands Elend, Schmach und Knechtschaft.
Das deutsche Reich ward aufgelöst (1806), der Rheinbund machte das
ganze südliche und westliche Deutschland zu Frankreichs Vasallen, Oestreich
hatte Frieden schließen müssen, England war durch die Besetzung Hannovers
tödtlich beleidigt. Niemand stand für Preußen ein, da es sich zum ent-
scheidenden verderblichen Kampfe entschloß. Nur Rußland blieb sein
treuer Waffengefährte; aber es war zu weit entfernt. Ehe seine Heere
heranrücken konnten, war schon ganz Preußen über den Haufen gewor-
fen. Es war kein Krieg; es war ein Anstürmen von der einen Seite
und ein erschrockenes Auseinanderfliehen von der andern Seite. In
weniger als drei Monaten war der Kampf beendet und Napoleon
hielt seinen Einzug, wie in Berlin, so in Warschau und Königsberg.
Alles, worauf Preußen seit Friedrich's Zeiten stolz gewesen war,
sein Heer, seine Festungen, seine Finanzen, sie waren in einem Um-
sehen wie Spreu vor dem Winde zerstoben. Erst unter dem Schutze
der herbeieilenden russischen Armeen, hart an der russischen Grenze
versuchte der König noch einmal das Waffenglück. Die Schlachten
bei Eylau, bei Friedland entschieden gegen ihn; er war aufdem Punkt,
als Flüchtling sein Reich zu verlassen, und nur Rußlands Fürsprache
verschaffte ihm im Frieden zu Tilsit sein halbes Königreich wieder
(1807). Die andere Hälfte, jenseits der Elbe ward mit Hessen
und allen kleinen dazwischen liegenden Ländern zu einem Königreich
Westphalen gemacht und dem heillosen Hieronymus Napoleon
übergeben. Bald kamen auch die sämmtlichen noch übrigen Theile
des westlichen Norddeutschland unter französischen Scepter bis an die
Ostsee, und die französischen Maires, Präfecten und Gouverneurs
schalteten und walteten im größten Theil unseres Vaterlandes mit
der niederträchtigsten Gemeinheit, Geldgier und Uebermuth. Nicht
minder die französischen Marschälle, Generäle, Offiziere und Soldaten
in dem zurückgebliebenen Theil von Preußen. Denn das ganze Land
blieb so lange und länger noch von französischen Truppen besetzt, bis
die unerschwingliche Kriegssteuer herausgepreßt war. Erst Ende De-
cember 1808 verließen die französischen Truppen Berlin und die
Preußen konnten wieder einziehen. Was nur irgend an Ränken und
Kniffen, an Beleidigungen und Verhöhnungen zu erdenken war, das
that Napoleon und alle seine Helfershelfer sicherlich, um Preußen
immer tiefer zu erniedrigen, zu schwächen, und bei nächster Gelegen-
heit vollends zu vernichten. Wie ein Gefangener, Angeschmiedeter
mußte Preußen es mit ansehen, als 1809 sich Oestreich noch ein-
mal gegen Frankreich erhob, und nach kurzem, aber rühmlichem Kampf
wiederum niedergeschmettert, zertheilt und verkleinert wurde. Noch war
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Napoleon Napoleon Napoleon Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Frankreichs England Berlin Warschau Königsberg Friedland Hessen Norddeutschland Ostsee Berlin Frankreich
628 Xxv. §. 10. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt.
brütete das Vorgefühl des Untergangs aller bisherigen Herrlichkeit.
Was sollen wir die Einzelheiten der ungeheuren Völkerschlacht näher
beschreiben? Das verwegene Vordringen unserer Preußen, das zähe
Standhalten der Russen, das besonnene Eingreifen der Oestreicher,
die mehrmals wieder aufflammende Siegeszuversicht Napoleon's,
dann seine erneueten Unterhandlungen, endlich seinen verzweifelten Be-
fehl zum Rückzug und die schreckliche Niederlage deö ganzen französi-
schen Heeres? Das alles wird ja in unzähligen Schilderungen der
deutschen Jugend noch immer tvieder zu lesen gegeben, und sie hört
es noch oft wiederholen aus dem Munde der Vater und Großväter,
die selber dabei waren. Aber hinführen wollen wir sie doch auf die
leichenbesäeten Schlachtfelder und ihr die klaffenden Wunden zeigen
und die grausigen Verstümmelungen der deutschen Helden, hinanrufen
wollen wir sie zu den die langen schaurigen Octobernächte hindurch in
Schmerzens- und Todesqual auf der feuchten Erde sich wälzenden
Verwundeten, denen jetzt keine Hülfe, keine Pflege gebracht werden
konnte; hineinbringen wollen wir sie in die 30 schaudervollen Lazarethe,
die in Eile nach der Schlacht in und um Leipzig errichtet wurden,
und wo an 30,000 edle deutsche Jünglinge und Väter unter den
Messern der Chirurgen, unter den Qualen eines verzehrenden Nerven-
fiebers ihr Leben oder doch ihre Gesundheit für immer verloren, und
wollen sagen: siehe diese zerschmetterten Helden, die niedergestreckten
Kämpfer um eine heilige Sache dir an — bist du so vieles Blutes,
so vieler Schmerzen, Mühen und Opfer werth?--------------------
Nach der Leipziger Schlacht konnten sich die Franzosen nicht länger
diesseitsdeö Rheines halten. Jenseits des Rheines fing aber nach der dama-
ligen Geographie schon Frankreich an, und es war einen Augenblick die
Frage, ob die Verbündeten den Feind auch in sein eignes Land hinein
verfolgen sollten. Daß Preußen wollte, daran konnte man nicht zwei-
feln. Auch Oestreich wollte. Aber auch Rußland? Dem russischen
Kaiser schien immer ein starkes Frankreich mit weiten Grenzen zur
Aufrechthaltung der europäischen Weltverhältniffe nothwendig. Da
war es nun große Gnade von Gott, daß er das Herz des geschlagenen
Napoleon immer mehr verstockte, also, daß er auf keine Unterhand-
lungen, auf keine Friedenöerbietungen mit Ernst und Aufrichtigkeit ein-
ging, sonst hätte es leicht geschehen können, daß das linke Ufer des
alten Vater Rhein noch bis heute in französischen Händen wäre.
So aber schritt Blücher mit dem Jahresschluß bei Caub über den
Rhein und befreite die deutschen Rh ein lande aus der zwanzig-
jährigen französischen Knechtschaft. Und Blücher war es auch, der
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Extrahierte Personennamen: Oestreich Gott Napoleon Ernst
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Schmerzens- Leipzig Frankreich Frankreich Vater_Rhein Rhein
638
Xxv. §. 11. Entwicklung neuer Gegensätze.
den Gesetze vorher zu berathen und gutzuheißen. Die Kammern
dursten die Minister in Anklagestand versetzen, und welche Minister
„das Vertrauen der Kammer verloren hatten", mußten abtreten. Mit
dieser Charte war Ludwig Xviii. bei seiner Wiedereinsetzung dem
französischen Volke 1813 entgegengekommen. Aber wie hatte er diesen
gährenden Vulcan durch dergleichen Verfassungsformen beruhigen kön-
nen? Und hätte er auch noch größere Rechte dem Volke eingeräumt,
niemals würde doch die republikanische, die revolutionäre Partei (die
linke Seite der Kammer) sich zufrieden erklärt haben. Und hätte er
auch die alten Stände in alle ihre Rechte eingesetzt und nach Mög-
lichkeit den Glanz und die Formen des alten Königshofes wieder her-
gestellt, so würde er den Verdruß der königlich gesinnten Partei (rechte
Seite der Kammern) über die Verluste, die sie während der Revolu-
tion erlitten, und ihren Haß gegen die Anhänger Rapoleon's nie
beschwichtigt haben. Nur Buße, gründliche Buße für alle Schanden
und Thorheiten, Verbrechen und Laster seit 50 und mehr Jahren hätte
Frankreich wieder in die rechten Geleise zurückführen können, und die
wollte es nicht thun und wird es nicht thun. Elend schwankte es hin
zwischen Opposition links und Opposition rechts, berufenen und wie-
der aufgelösten Kammern, neu eintretenden und wieder zurücktretenden
Ministerien, Ausnahmegesetzen und Verschwörungen. Da war an keine
Beruhigung der Parteien zu denken, denn das heillose Princip der
Regierung blieb stets dasselbe, daß die obrigkeitliche Gewalt, wenn
nicht vom Volk ausgehe, doch mit dem Volke zu theilen sei.
Diese jämmerlich haltlose Regierungsform, dies Zweikammersystem
mit beständigem Minifterwechsel und Gesetzgebung durch zufällige Mehr-
heit oder Minderheit Einer Stimme galt nun sämmtlichen Liberalen
in allen Ländern des europäischen Continents als das höchste politi-
sche Gut und erstrebungswürdigste Ziel. Denn leider waren durch den
langen Verkehr mit französischen Heeren und Ideen Massen von Li-
beralen unter allen Völkern zu finden, in Italien und Spanien, in
Dänemark und Rußland, in allen Ländern, die unter absoluter Kö-
nigsherrschaft gestanden hatten. In Rußland freilich sah Kaiser
Alexander und noch mehr sein nüchterner und pflichtgetreuer
Nachfolger Nico laus (1825—55) sehr bald, daß die französi-
schen Ideen nur eine heillose Verwirrung der Gemüther und ruch-
lose Thaten zur Folge hätten, und kam schnell davon zurück. So auch
in Oestreich. Dagegen Spanien und Portugal, die italie-
nischen Staaten, endlich auch Griechenland, das sich von der
türkischen Herrschaft losriß und 1822 zu einer Republik, 1832 zu
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xviii Ludwig Alexander Alexander Nico
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Italien Spanien Dänemark Oestreich Spanien Portugal Griechenland
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Xxv. §. 11. Entwicklung neuer Gegensätze.
tägiger Barricadenkampf in Paris endigte mit der Versagung der kö-
niglichen Familie aus Frankreich und mit der Erhebung des „Bür-
gerkönigs" Louis Philipp aus der Seitenlinie der Orleans auf
den neubefleckten und geschwächten Thron. Wie ein zündender Funke
fiel diese französische Julirevolution in den überall aufgehäuften Zun-
der der „liberalen" Mißstimmung. Belgien riß sich von Holland
los und wurde unter Zustimmung der Großmächte zu einem besondern
Königreich mit französischer Verfassung erhoben. Polen versuchte
seine verlorene Unabhängigkeit wieder zu gewinnen, wurde aber nach
zweijährigem harten Kampf durch die russischen Heere überwältigt. In
Spanien und Portugal brachen neue verheerende Bürgerkriege
aus. In Italien konnte der Geist der Empörung nur durch den
Einmarsch östreichischer Truppen gedämpft werden. Die Schweiz
war von Hader und Spaltungen erfüllt, und ward durch Aufnahme
einer Masse politischer Flüchtlinge, besonders Polen, der Mutterschooß
fortwährender Unruhen und Revolutionsversuche in sämmtlichen Nach-
barstaaten. Selbst in England regten sich aufständische Versuche und
eine Reform des Parlaments nach französischen Principien ward durch-
gcsetzt. Wie hätten die deutschen Länder davon unberührt bleiben
sollen? Unmittelbar nach der französischen Julirevolution brach in
Braun schweig ein Aufruhr aus, der Fürst des Landes ward ver-
jagt, sein Bruder mußte eine liberale Verfassung bewilligen. Die
Fürsten von Hessen-Cassel und Sachsen wurden gezwungen, ihre
Herrscherrechte mit Mitregenten zu theilen und gleichfalls liberale Ver-
fassungen anzunehmen. Aehnlich ging es mit Hannover, welches
damals noch mit England verbunden war (1837 nach dem Tode Wil-
helm's Iv. von England bekam Hannover wieder seinen eignen
König, Ernst August, und die liberale Verfassung ward etwas ein-
geschränkt). Die Partei der Liberalsten aber im südlichen Deutsch-
land, die linke Seite in den Kammern, und Alles, was von unruhigen
Geistern und politisch überspannten oder sittlich verkommenen Menschen
sich zu ihnen hielt, suchten die revolutionären Bewegungen noch ganz
anders in ihrem Sinne auszubeuten. Sie wollten ganz Deutschland
zu einer großen „untheilbaren Republik" machen, und alle Nachbar-
staaten desgleichen. Auf dem sogenannten Hambach er fest (1832),
wo 30,000 solcher verwirrter und thörichter Köpfe beisammen waren,
ward dieser Plan öffentlich verkündigt, und zu Frankfurt sollte durch
Zersprengung der Bundesversammlung mit der Ausführung begonnen
werden. Aber das ganze Unternehmen scheiterte in kläglicher Weise
und strenge Verordnungen und Maßregeln der Regierungen gegen die
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Extrahierte Personennamen: Louis_Philipp Philipp Ernst August
Extrahierte Ortsnamen: Paris Frankreich Holland Spanien Portugal Italien England Hessen-Cassel Sachsen England England Deutschland Hambach Frankfurt